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Das Haus zum Venedig am Schlüsselberg
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Schlüsselberg 3lageplan

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Markuslöwe als Hauszeichen

Wenn man den Schlüsselberg von der Freien Strasse her hinauf schreitet, dann trifft man dort wo der Stapfelberg abzweigt, unter dem Naturhistorischen Museum gelegen, auf das Haus "zum Venedig" (Schlüsselberg 3). Es ist von weitem an seinem Hauszeichen aus dem 15.Jh zu erkennen - dem Markuslöwen der Republik Venedig. Eine Urkunde des Steinenklosters belegt im Jahr 1355 indirekt die Existenz eines Hauses "zum tiefen Keller".

Eventuell könnte diese Namensgebung Bezug auf einen 1955 entdeckten Keller nehmen, der sich unter das Vorderhaus und den Hof erstreckte, bevor er zugeschüttet wurde. Das Haus trug im Laufe der Zeit viele Namen, die alle auf seine lange Geschichte hinwiesen. In Vereinigung mit dem Nachbarhaus nannte man es schon "zum Rossberg". Der spätere Name "Erasmuskollegium" geht vermutlich auf die Nutzung durch die Basler Universität zurück.

markusloewe

Das Relief des Markuslöwen Venedigs, der über Wasser und Land schreitet. Es geht vermutlich auf die Zeit des 1460 erstmals genannten Hausbesitzers Claus Gottschalk zurück, der wohl Handelbeziehungen zu Venedig unterhielt.
Die Bezeichnung "zum Venedig", (auch "zum kleinen Venedig") hat ebenso mit seinen Bewohnern zu tun wie "zur Freimaurerloge". Der Schlüsselberg erscheint namentlich erstmals um 1585. Zuvor nannte man ihn auch "Schlüsselsprung". Die erste Erwähnung erfolgte 1243 als "Symundsgasse". Das Haus zum Venedig kam wohl im Laufe des 14.Jh in den Besitz des benachbarten Klosters der Augustinereremiten. Ab 1460 ist es als Eigentum des Klosters belegt.


Ursprung des Namens

Im Jahr 1460 verlieh das Kloster das Haus an den Kaufmann Claus Gottschalk, unter der Bedingung dass er einen bestimmten Geldbetrag in die Sanierung der wohl heruntergekommenen Liegenschaft investierte. Es waren eventuell die geschäftlchen Beziehungen Gottschalks zur Republik Venedig, welche dem Haus den 1486 erstmals genannten Namen "zum Venedig" gaben. Denselben Hintergrund dürfte das um 1470 entstandene Relief mit dem Markuslöwen haben.

Das Vorderhaus weist nebst Erdgeschoss zwei Obergeschosse und ein Dachgeschoss auf. Rechts neben dem Hauptbau, mit dem Löwenrelief über dem Portal, liegt ein Hof. Ein zweiter grösserer Hof befindet sich direkt hinter dem Hauptbau, am Hang zum heutigen Museum (einst Kloster) gelegen. Darüber erhob sich einst des Klosters Gästehaus, welches 1533 in einer Verkaufsurkunde erscheint. Das 1918 abgebrochene Gebäude soll ein Satteldach gehabt haben.


Das Gästehaus des Klosters

Beim Abriss trat ein rundbogiges Tor zum heutigen Museum hin zutage. Obwohl diese Stelle nicht mehr genau zu bezeichnen ist, handelte es sich dabei vermutlich um den Zugang vom Kloster in das Gästehaus der Liegenschaft zum Venedig. Im Hof vor dem Gästehaus und hinter dem Hauptbau befand sich einst der Drei Meerweiber Brunnen. Der barocke Wandbrunnen mit drei Meerjungfrauen steht heute im Hof des Hauses "zum Fälkli" am Stapfelberg 3.

Für das Jahr 1500 ist belegt dass das Haus ausgebessert werden musste. Dabei wird erwähnt, dass es am Rossberg läge, wobei dies eigentlich die alte Bezeichnung für den Stapfelberg ist. Ebenfalls wird ein benachbartes Haus genannt, welches oben am Berg an die Kirche stosse. Beide Häuser seien dem Kloster zugehörig. Anlässlich der Verpfändung des Hauses zum Venedig an die Universität, wird 1698 ein Brünnlein mit Abwasser genannt.

Im Jahr 1823 ist zu erfahren, dass dieser Brunnen mit Abwasser aus dem Haus "zum Fälkli" gespiesen wird. Möglicherweise handelt es sich dabei um den Drei Meerweiber Brunnen, denn für das Jahr 1758 ist definitiv belegt, dass sich der besagte Abwasserbrunnen im Hof der Liegenschaft befände. Das entsprechende Brandlagerbuch aus dem Jahr 1807 gibt zusätzliche Informationen zur Gliederung der Liegenschaft zu Beginn des 19.Jh.


Vom Aufbau des Hauses

Die Rede ist von einer Behausung die zu zwei Dritteln aus Mauerwerk und zu einem Drittel aus Holz besteht. Darüber hinaus erscheint ein Flügel aus Holz. Das gesamte Haus zum Venedig wurde damals auf 10'000 Franken geschätzt. Nach dem Erwerb des Hauses zum Venedig durch die Freimauerer wurden im Inneren Umbauten vorgenommen, wodurch laut dem Brandlagerbuch von 1823 der Wert um 6000 Franken auf total 16'000 Franken gesteigen sei.

zwei haeuser

Links Das Haus zum Fälkli am Stapfelberg. Rechts Das Haus zum Venedig, welches im Besitz der Familie Kober aus Nutzungsgründen im Inneren mit dem Haus zum Fälkli verbunden wurde.
Im Brandlagerbuch von 1830 sind weitere Details zu erfahren. So ist die Rede von vier Stockwerken (wohl Erd- und Dachgeschoss inklusive). Das Haus sei halb in Mauer- und halb in Riegelwerk erbaut. Ausserdem gab es ein Treppenhaus und einen Gang zum Haus Schlüsselberg 5. Der Flügel bestehe ebenfalls zu Hälfte aus Mauer- und zur Hälfte aus Riegelwerk. Ferner wird ein Hintergebäude aus Mauerwerk erwähnt, wohl das alte Gästehaus.


Zuerst in Klosterbesitz

Im frühen 16.Jh erscheint das Haus zum Venedig als "Gottschalkerins Huss" in einer Ratsurkunde, was wohl ziemlich sicher einen Zusammenhang mit einer Gattin oder Tochter des Claus Gottschalk hat. Konrad Schnitt, Ratsherr und Schaffner des Klosters, verkaufte das Haus im Mai 1533 an den Gewandmann (Tuchhändler) Martin Fickler und dessen Frau Agnesa, wobei das Ehepaar auch die nahe Häusergruppe am unteren Stapfelberg erwarb.

Das Haus zum Weissen Bären (Schlüsselberg 5) war um 1551 im Besitz der Familie Imry. Es war im September dieses Jahres, als Niklaus Imry mit seiner Gattin Anna Meyer von Martin Fickler das Haus für 400 Pfund erwarb. Im November 1598 kaufte es Bartholomäus Merian für 700 Pfund. Unter den Verkäufer erscheinen Angehörige der Familie Imry wie auch Simon Grynäus. Kaum erworben, verkaufte Merian das Haus für 600 Pfund an Andreas Ryff.


Wegen Schulden gepfändet

Das Haus war 1616 im Besitz von Jakob Wohnlich, der keine glückliche Hand in finanziellen Belangen hatte - seine Behausung am Schlüsselberg wurde mit der Hofstatt von Eusebius Iselin gefröhnt (gepfändet). Zwei Jahre später fröhnte Caspar Fries Wohnlichs Haus gleichfalls. Jakob Wohnlich entledigte sich des Hauses schliesslich im August 1621 indem er es für 1600 Pfund veräusserte. Schulden verfolgten die Besitzer des Hauses zum Venedig weiterhin.

Michel Coquin pfändete es im Jahr 1646 von Niklaus Passavants Witwe; sie war ihm 1500 Pfund schuldig. Coquin kaufte die Liegenschaft dann für 2050 Pfund. Auch Coquin holte bald der "Fluch des Venedig" ein. Kreditgeber und Gläubiger wollten nicht auf ihr Geld warten und pfändeten das Haus im Februar 1649, wobei sie auch die Hand auf Coquins Haus am Stapfelberg legten. Im April kaufte der Apotheker Samuel Eglinger das Haus für 1400 Pfund.

vom weissen baeren her

Das Erdgeschoss des Hauses zum Venedig am Schlüsselberg. Links die Hauptpartie mit dem Portal, rechts die Partie hinter der einst einer der zwei Höfe lag. Ganz rechts erkennt man einen roten Pfeiler des Hauses "zum Weissen Bären".
Der entflohene Goldschmied

Offenbar verkaufte Eglinger das Haus an den Goldschmied Hans Heinrich Oberriet, der in der Tradition des Venedig in Schulden geriet. Seine Kreditgeber fröhnten 1666 das Haus, während er selbst heimlich das Weite suchte. Samuel Eglinger war derweil Beisitzer des Strafgerichts und Eigentümer des Hauses zum Fälkli am Stapfelberg. Das Haus zum Venedig sollte laut öffentlichem Anschlag auf Donnerstag 27.September 1666 verkauft werden.

Aber erst einen knappen Monat später wechselte die Liegenschaft für 1500 Pfund die Hand. Der Käufer war niemand geringerer als der einstige Besitzer Samuel Eglinger. In den Jahren danach wurde das Haus Eigentum des Basler Bürgers und Kaufmanns Hans Heinrich Gernler. Er veräusserte es im März 1674 für 2100 Pfund an den Goldschmied Johann Lux (Lukas) Hoffmann, der 1698 das auf 4000 Pfund geschätzte Haus an die Universität verpfändete.

Im Frühjahr Anno 1704 ging das Haus zum Venedig, welches mittlerweile mit 3500 Pfund der Universität belastet war, an den Basler Kaufmann Achilles Werthemann über, der dafür 4000 Reichstaler auf den Tisch legte. Hans Heinrich Gernler, der sich nunmehr als Deputat betiteln liess, wurde als früherer Besitzer des Hauses zum Venedig bei diesem Handwechsel als Eigentümer des benachbarten Hauses zum Fälkli am Stapfelberg genannt.


Eingetauscht gegen Land

Ein Nachkomme von Achilles, Andreas Werthemann, tauschte im Jahr 1758 sein Haus am Schlüsselberg mit Jakob Christoph und Johannes Leuthin gegen Land auf dem Horburg vor dem Bläsitor ein. Zum Ende des 18.Jh gelangte das Haus zum Venedig in den Besitz des Kaufmannes Jeremias Ronus, der im November des Jahres 1770 die Liegenschaft zusammen mit seiner Frau von Jakob Christoph Leuthin kaufte. Die Jahre vergingen und der Gatte verblich.

Im April des Jahres 1788 gab seine Frau Catharina Ronus-Heilmann als Witwe ihren Kindern ein Versprechen. Ein jedes ihrer vier Kinder sollte bei einer Heirat, oder wenn es sich selbständig machte, 200 neue Louis d'or erhalten. Zudem stellte sie eine anständige Aussteuer und pro Kopf noch 80 weitere neue Louis d'or in Aussicht. Als Garantie hierfür setzte die Witfrau das Haus zum Venedig, in welchem sie wohnte, als Sicherheit ein.

Jeremias Ronus, Sohn der Witwe, verkaufte im April 1801 das Haus, welches während der Zeit der französischen Besatzung die Hausnummer 1450 erhalten hatte. Die Herren wurden nunmehr als Bürger tituliert. Der Käufer des Hauses war nun der Bürger Philipp Heinrich Borell von Neuchâtel, der bald wieder von der Bildfläche verschwand. Am folgenden 18.Juli sollte gegen zehn Uhr morgens das Haus vor dem Distriktgericht versteigert werden.


Betsaal der jüdischen Gemeinde

Im Preis inbegriffen war auch kleines Zubehör wie etwa zwei Bauchkessel. Bürger Borell selbst war gerichtlich ausgekündigt und nicht mehr anwesend. Jeremias Ronus brachte das Haus wieder an sich. Im November 1801 hatte Ronus erneut einen Käufer gefunden, den aus Niederhagenthal stammenden jüdischen Kaufmann Marx Piccard. Mit Piccard erscheint einer der Vertreter jener dritten jüdischen Gemeinde Basels, die sich 1805 bilden sollte.

Marx Piccard war vermutlich sogar der Vorsteher der Gemeinde, die zur Zeit ihrer Gründung zwölf in Basel wohnende Familien mit rund 70 Personen zählte. Den Juden war es nicht gestattet eine Synagoge in Basel einzurichten. Daher öffnete Piccard sein Haus, wo ein Betsaal eingerichtet wurde. Bis 1808 diente das Haus zum Venedig zur Abhaltung der Gottesdienste. Dann musste die gewachsene Gemeinde in ein grösseres Lokal umziehen.

steintritt

Links Die Portalpartie des Hauses zum Venedig mit dem Löwenrelief und dem Steintritt. Rechts Der Steintritt der einst zum Besteigen der Reitpferde diente.
Als die Gemeinde auf die Lyss umzog, war Piccard selbst verstorben, denn im Brandlagerbuch von 1807 ist von seiner Witwe (Rose Piccard-Bloch) die Rede. Im Februar des Jahre 1823 übertrug die Witwe zusammen mit den anderen Erben das Haus zum Venedig an Samuel Piccard, der es im April an J.J.Früh-Fäsch veräusserte. Damit kam das Haus am Schlüsselberg in den Besitz der Freimaurer-Loge "Zur Freundschaft und Beständigkeit".


Freimauerer ziehen ein

Die älteste der Basler Logen liess das Haus umbauen, weshalb im Brandlagerbuch von 1823 steht, dass der geschätzte Wertzuwachs wegen neuer Einbauten rund 6000 Franken betrug. Das neue Heim der Loge wurde 1824 unter Felix Sarasin feierlich eingeweiht. Die Freimauerer blieben hier bis es nötig wurde ein grösseres Lokal zu beziehen. Im Juli 1891 wurde nach mehrjähriger Bauzeit am Byfangweg 13 das neue Gebäude der Loge eingeweiht.

Im Gedenken an das alte Domizil wählte man den Namen "zum Neuen Venedig". Im späteren Besitz der Familie Kober wurden die Häuser zum Fälkli und zum Venedig mit Mauerdurchbrüchen teilweise vereinigt. Nebst dem Quartier für Fledermäuse, wo die Abendsegler überwintern, weist das Venedig heute noch eine zweite Spezialität auf. Es ist wohl das einzige Haus Basels, das über einen historischen Steintritt zum Besteigen der Pferde verfügt.



Querverweis:

>> Andreas Ryff (einst Besitzer der Liegenschaft)



Literatur:

Anne Nagel/Martin Möhle/Brigitte Meles, Kunstdenkmäler des Kantons Basel Stadt, Band 7, Altstadt Grossbasel, 2006, Herausgegeben von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, ISBN 10: 3-906131-84-X, ISBN 13: 978-3-906131-84-9, Seiten 111 bis 113, und 548

Historisches Grundbuch der Stadt Basel, Schlüsselberg, Mappe "alte Nr.1450, neue Nr.3" Zum Venedig, einsehbar im Staatsarchiv Basel-Stadt (siehe Links)

Das Bürgerhaus in der Schweiz, Band XXII - Kanton Basel-Stadt, 1.Teil, 1926, Orell Füssli Verlag, Seiten 50 und 51 sowie Tafeln 72 und 73

E. Blum und Th. Nüesch, Basel Einst und Jetzt, Eine kulturhistorische Heimatkunde, 1913, Verlag Hermann Krüsi, Seite 67

C.H.Baer, Kunstdenkmäler des Kantons Basel Stadt, Band 3, 1941, Birkhäuser Verlag, Seiten 172 und 188 bis 190

Hans Eppens, Baukultur in alten Basel, 1974, Verlag Frobenius AG Basel, Seiten 61 bis 62

Eugen A.Meier, Verträumtes Basel, 1974, Birkhäuser Verlag, ISBN 3-7643-0730-7, Seite 115

Valentin Lötscher, "Das Haus zur Mücke" im Basler Jahrbuch 1958, 1957 Verlag von Helbing & Lichtenhahn, Seiten 121

André Salvisberg, Die Basler Strassennamen, 1999, Christoph Merian Verlag, ISBN 3-85616-104-X, Seite 362

Arthur Burger, Brunnengeschichte der Stadt Basel, 1970, Herausgegeben vom Verkehrsverein Basel, Seiten 103 bis 104

Theodor Nordemann, Zur Geschichte der Juden in Basel, Jubiläumsschrift der Israelitischen Gemeinde Basel, 1955, Seiten 51 und 64

Nadja Guth, Synagoge und Juden in Basel, 1988, Verlag Morascha Zürich, Seite 29

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