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Das Stachelschützenhaus
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Petersplatz 10lageplan holsteinerhof

Tram 3 - Spalentor / Bus 38 - Spalentor


Die Armbrustschützen der Stadt

Der Name "Stachelschützen" hat seinen Ursprung darin dass bei den neueren Modellen der Armbrust der spannende Bogen nicht aus Holz sondern aus Stahl war. Aus dem Wort "Stahl" leite sich nach spätmittelalterlicher Lesart das Wort "Stachel" ab. Nachdem das Schiessen mit der Armbrust im 14. Jahrhundert hauptsächlich Sache von Söldnern im Dienste des Stadt war, wurde diese Kunst im folgenden Jahrhundert von immer mehr wehrpflichtigen Männern geübt.

Der Rat förderte die Schiessausbildung an der Armbrust. Die Waffe hatte wichtige Vorteile. Während man den Bogen mit Kraft und Können spannen musste, konnte auch ein mässig begabter Mann die gespannte Armbrust ohne Kraftanstrengung stets schussbereit auf ein Ziel richten. Wohl weil damit sogar sogar ein Bauer relativ leicht einen schwertbewehrten Ritter auf sichere Distanz niederstrecken konnte, wurde sie Anfangs gar als Teufelsgerät mit einem päpstlichen Bann belegt.

das stachelschuetzenhaus 1640

Das Stachelschützenhaus (A) um 1640; noch ohne wesentliche Anbauten. Daneben sieht man den zur Stadtmauer gehörenden Schützenmättleinturm (auch Stachelschützenturm genannt). Unten steht das Häuschen mit den Zielscheiben (B) an der heutigen Bernoullistrasse.

Ein Schützenhaus am Peterplatz

Bereits im 14. Jahrhundert ist die Rede von einem Häuslein der Armbrustschützen am Petersplatz. Vielleicht handelte es sich dabei um einen fahrbaren überdachten Stand. Ein solcher wurde noch 1420 in den Wochenausgabebüchern des Rates genannt. Auch in der Jahresrechnung 1441/42 wird ein Schützenhaus erwähnt, welches wohl das erste feste Gebäude der Schützen vor Ort sein könnte. Der erste überlieferte Schiessplatz der Armbrustschützen befand sich am Petersplatz.

Dieser Schiessplatz war so angelegt dass sich die Schussbahn stadtseits entlang der äusseren Stadtmauer erstreckte. Die Zielscheiben standen dabei ungefähr dort wo die heutige Bernoullistrasse in den Petersplatz mündet. Für 1517 ist belegt, dass der einflussreiche Kardinal Matthäus Schiner (ca 1465-1522) bei den Armbrustschützen eingekehrt sei, was belegt dass man damals bereits ein Schützenhaus hatte, in dem ein solch prominenter Gast bewirtet werden konnte.

Der Neubau

Die Fundamente des frühen Schützenhauses wurden 1988/89 17,5 Meter weiter nördlich des Nachfolgebaus von 1519 gefunden. Im letzgenannten Jahr wurde dann ein neues Schützenhaus errichtet, wobei neben dem Grundriss auch auf Bauteile des alten Hauses zurückgeriffen wurde. Über dem offenen Schiessstand ruhte das geschlossene Obergeschoss, dessen Hintergiebel direkt an die Stadtmauer anstiess. Im ersten Stock hielten die Schützen ihre gesellschaftlichen Anlässe ab.

Heute bildet der frühe Gebäudeteil die Mittelpartie des Stachelschützenhauses. Das neue Haus wurde wichtig für die Politik. 1521 hob der Rat mit einer Verfassungsänderung das bischöfliche Mitspracherecht zur Wahl der Behörden auf. Zugleich wurde festgelegt, dass gewählte Ratsherren nun im Schützenhaus auf dem Petersplatz ihren Eid ablegen sollten. Anders als Rathaus oder Münsterplatz lag das Haus der Armbrustschützen nämlich nicht innerhalb der alten Stadtmauer.

Innerhalb der Mauer des 13. Jahrhunderts hatten teilweise noch immer alte bischöfliche Privilegien Geltung. Das Haus der Armbrustschützen stand ausserhalb dieser Mauer, also auch ausserhalb dieser Rechte. Im Schützenhaus sprachen in der Folge bekränzten Hauptes abgehende und angehende Bürgermeister und Oberzunftmeister aus dem Fenster hinaus zum versammelten Volk. Im offenen Schießstand im Erdgeschoss fanden dann die feierlichen Vereidigungen statt.

Der Kern des heutigen Stachelschützenhauses wurde unter dem ersten Schützenmeister der Gesellschaft, Fridolin Ryff (ca 1488-1554) im Jahr 1546 renoviert. Lange ging man davon aus, dass in diesem Jahr ein Neubau entstanden sei. Dieser wurde aber in Wirklichkeit bereits 1519/20 errichtet. Eigenheiten am Mauerwerk und Fälldaten des verwendeten Holzes sprechen dafür, dass das Haus schon vor 1546 stand, was auch eine bildliche Darstellung von 1542 belegt.

Der militärische Wert des Armbrustschiessens war in den Tagen des Neubaus bereits stark im Sinken begriffen. Die Zunkunft gehörte der immer mehr perfektionierten Technik rund um das Schwarzpulver. Dem entsprechend wuchs die Bedeutung der Feuerschützen mit ihrem Schützenhaus beim Teuchelweiher vor der Stadt. Das Armbrustschiessen wurde zur Wehrfolklore ohne tieferen militärischen Sinn. Im Zeichen der Geselligkeit wurde es weiterhin am Petersplatz gepflegt.

das stachelschuetzenhaus 2003 mit anbau von 1922/23

Der Hauptbau von 1519/20. Man erkennt die Pfeiler des Erdgeschosses, welches früher offen war. Grün eingefärbt steht hinten der Quertrakt von 1922/23. Er ist mit dem Hauptbau durch den Nordflügel von 1707 verbunden.

Schiessen um neue Hosen

Das Armbrustschiessen geschah nach den strengen Vorgaben der Schützenordnung von 1466. Man schoss auf einem Hocker sitzend wobei die Waffe nicht aufgelegt wurde. Bereits ab 1430 ist für den besten Schützen ein besonderer Preis belegt - ein Paar neue Hosen. Der Ursprung dieser Trophäe mag darin zu suchen sein, dass der Vorgang des Spannens der Armbrust auch stets die Beinkleider beanspruchte. Wer häufig übte um zum Meisterschützen zu wurden, dessen Hose litt stark.

Damit der Schütze wegen des Trainings keinen Mangel an Hosen riskieren musste, gestand man ihm offenbar ein neues Paar zu wenn er gut schoss. Mit der Zeit fiel auf die Siegerhosen ein Schein des ehrenvollen und kostbaren. Schliesslich erwuchs daraus der bizarre Brauch die Beinkleider nicht bloss verdienten Armbrustschützen zu übergeben. Als Ehrengabe wurden sie auch prominenten und hochrangigen Personen überreicht, was auch immer diese dabei gedacht haben mögen.

Glanz und Abstieg des Armbrustschiessens

Mit dem neuen Schützenhaus wurde die militärische Vereinigung der Armbrustschützen zur eher zivile Gesellschaft der Stachelschützen. Erst in jetzt kam dieser Name auf, wo der Spannbogen der Armbust wurde nicht mehr aus Holz sondern aus Stahl hergestellt wurde. Die folgenden Jahrzehnte des Glanzes führten das Stachelschützenwesen mit viel Pomp in einen Niedergang welcher die Gesellschaft weit weg vom einstigen Wehrsport führte.

Im Schützenhaus zogen konnte man nun Vertretern der Basler Oberschicht begegnen. Das seines früheren Wehrsinns beraubte Gebäude würde nämlich zu einem beliebten Ort für gesellschaftliche Anlässe wie etwa Bankette. Gleichzeitig wurde zugelassen dass man Vertreter zum Schiessen schicken durfte. Auf diese Weise konnte jemand mit Geld und Beziehungen Meisterschütze mit der Armbrust werden werden ohne je einen Bolzen auf eine Scheibe abgeschossen zu haben.

Die Vorgesetzten der Gesellschaft wandten sich 1658 mit dem Gesuch an den Rat, ein kleines Gemach in Fachwerk auf einer Säule stehend zu errichten. Dies weil die Schützen einen verschliessbaren Raum benötigten um darin ihre Gerätschaften zu verwahren. Der kleine Anbau wurde 1707 zum Nordflügel erweitert. Auf einer seiner Säulen ist noch heute das Jahr seiner Errichtung zu lesen. Dieser neue Gebäudeteil blieb unten offen, derweil das Obergeschoss geschlossen war.

Physikalisches Kabinett der Universität

Auf der anderen Seite wurde 1729 wurde ein Südflügel angebaut - das physikalische Kabinett der Universität. Hier gab Benedikt Staehelin (1695-1750), Professor für Physik und Botanik an der Universität Basel, Experimentalunterricht. Der Lehrstuhl für Physik war vermehrt von Medizinern besetzt. Einer von ihnen war 1782 Johann Jakob Thurneisen der Jüngere (1756-1804). Er zeigte wenig Neigung das Kabinett zu nutzen, so dass die Räumlichkeiten verlotterten.

Dies bewog 1790 die Stachelschützen zum kecken Versuch, sich den Südflügel, der von Beginn an zur Universtität gehörte, unter den Nagel zu reissen. Man trat mit der Behauptung auf, dass einst die bitter benötigten Räume der Gesellschaft entzogen worden seien. Nun, da sie nun ungenutzt vergammelten, wolle man sie zurückerhalten. Das subtile Vorgehen scheiterte. Schliesslich bemächtigte sich mit rabiaten Drohungen der Stubenknecht der Stachelschützen der Räumlichkeiten.

Das auf Säulen errichtete Kabinett hatte im seinem Saal im Erdgeschoss mittlerweile Wände eingezogen bekommen. Hier hauste Stubenknecht Geymüller. Er begehrte nun auch die Räume im Obergeschoss und drohte ultimativ, den Krempel der Universität mit einigen Freunden aus dem ungenutzten Lokal rauszuwerfen. Die Universität gab nach und so waren die Stachelschützen Herr im ganzen Hause. Doch schon bald nutzen französische Besatzer das Gebäude.

das stachelschuetzenhaus 2003 mit anbau von 1729

Grün eingefärbt sieht man hier als Südflügel das 1729 angebaute physikalische Kabinett der Universität. Es ruhte einst wie das Schützenhaus unten offen auf Säulen. Daneben, rot getönt, der einfache Neubau von 1916/17.

Von den Stachelschützen zu den Chemikern

Während der Helvetik 1798 bis 1803 wurden im Gebäude fremde Truppen einquartiert. Mit der Mediationsverfassung ging 1803 das Haus an die Basler Bürgerschaft, wobei den Stachelschützen das Nutzniessungsrecht blieb. In den zehn Jahren der Mediation bis 1813 erfuhr das Armbrustschiessen am Petersplatz nochmals eine letzte Blütezeit. In den Jahren 1806 und 1812 wurden hier führende Häupter der Eidgenossenschaft zum Freischiessen mit üppigem Bankett begrüsst.

Danach ging es konstant bergab, bis schliesslich ab 1830 keine Schiessübungen mehr stattfanden und die Gesellschaft der Stachelschützen auch keine Mitglieder mehr aufnahm. Um 1852 bestand die Gesellschaft nur noch aus den fünf Vorgesetzten. Nach weiteren vier Jahren beschlossen die greisen Herren unter dem achzigjährigen Oberschützenmeister die Gesellschaft feierlich aufzulösen. Das Bargeld aus der Kasse ging an das Bürgerliche Waisenhaus.

Die Gesellschaft der Feuerschützen erhielt als Schützenschwester das Silbergeschirr der Armbrustschützen. Im Obergeschoss des Stachelschützenhauses hatten seit 1840 Schreiner und Tapezierer Lagerräume eingerichtet. Ferner betrieb die Witwe Weissenberger-Sixt im Haus bis zu ihrem Ableben im Jahr 1859 eine Wirtschaft. Eine Kleinkinderschule hatte im ersten Stock ein Zimmer. Im Keller lag für 30 Rappen Miete pro Woche die Kammer eines Lumpensammler.

In den 1860er Jahren wurde im Erdgeschoss eine offene Turnhalle eingerichtet während die Wiese neben dem Haus zum Turnplatz für Schüler und Studenten wurde. Nachdem das Erdgeschoss zugemauert worden war, fanden hier 1870 vier Klassen der Oberen Töchterschule neue Schulräume. 1875 verwendete man einen Teil des Hauses als Festhütte beim Eidgenössischen Sängerfest. Im Jahr 1884 verliessen die Mädchenklassen das Stachelschützenhaus.

An der Kanonengasse hatten die Mädchen nun ein richtiges Schulhaus bekommen. Daher brauchten sie sich nicht länger mit dem alt gewordenen Stachelschützenhaus zu begnügen. Für einige Jahre wurde dann noch in den leeren Zimmern Handarbeitunterricht gegeben. Dann hielt 1893 der Kantonschemiker Einzug in die Laboratorien, die neu im Erdgeschoss der Liegenschaft eingerichtet worden waren. Im Jahr 1894 nahm im Obergeschoss die Hygienische Anstalt ihre Arbeit auf.

Sitz der Hygienischen Anstalt

Im Verlaufe des 19. Jahrhunderts wurde an den Südflügel des Hauses, also dem einstigen physikalischen Kabinett, ein schlichter Anbau errichtet. Dieser wurde 1916/17 durch einen eingeschossigen Neubau ersetzt, der noch heute zu sehen ist. 1922/23 folgte eine zusätzliche Erweiterung durch einen Quertrakt. Dieser wurde im rechten Winkel an den Nordflügel aus dem Jahr 1707 erbaut und beherbergte einen Operationssaal sowie Räume zur Haltung von kleinen Tiere.

Der Haupteingang erhielt 1930 eine neue Steintreppe mit Metallgeländer welche die Freitreppe von 1728/29 ersetzte. 1965 wurde aus der Hygienischen Anstalt das Institut für Mikrobiologie und Hygiene, welches im Stachelschützenhaus dem herrschenden Raummangel ein Ende bereiten wollte. 1966 wurde auf dem einstigen Stadtgraben hinter dem Stachelschützenhaus ein moderner eingeschossiger Flachdachbau errichtet, wo weitere Laboratorien eingerichtet wurden.

Die historische Hausfassade wurde 1978 renoviert, wobei man das Fachwerk hervorhob. 1989 wurde das einstige Haus der Stachelschützen einer vollständigen Sanierung unterzogen, womit die Lokalitäten den Bedürfnissen eines zeitgemässen Institutes für Mikrobiologie angepasst wurden. Heute ist das ehemalige Haus der Armbrustschützen der einzige Zeuge altbaslerischer Wehrhaftigkeit am Petersplatz, denn das alte Zeughaus ist längst verschwunden.


Beitrag erstellt 18.05.03 / leicht überarbeitet 11.12.2012

Quellen:

Lion Bernoulli, Beitrag "Geschichte des Stachelschützenhauses in Basel", publiziert in Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde, Band 80, herausgegeben von der Historischen und Antiquarischen Gesellschaft zu Basel, Verlag der Historischen und Antiquarischen Gesellschaft, Basel, 1980, Seiten 172 bis 207

Emil Blum / Theophil Nüesch, Basel Einst und Jetzt, Eine kulturhistorische Heimatkunde (Textband), Verlag Hermann Krüsi, Basel, 1913, Seite 19

Hans Eppens, Baukultur im alten Basel, Verlag Frobenius AG Basel, Basel, 8. Auflage 1974, Seite 133

Guido Helmig / Hans Ritzmann Beitrag "Phasen der Entwicklung des Abschnittes der Äusseren Stadtbefestigung zwischen Spalenvorstadt und Rhein", publiziert im Jahresbericht 1989 der Archäologischen Bodenforschung des Kantons Basel-Stadt, herausgegeben von Rolf d'Aujourd'hui, Basel, 1991, ISBN 3-905098-10-5, Seiten 162 bis 175

Annie Kaufmann-Hagenbach, Basel im Bilde seiner Maler, Verlag B. Wepf & Co, Basel, 1939, Seiten 26 und 27 Beitrag 40

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