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Der Spiesshof am Heuberg
© by altbasel.ch

Heuberg 5/7lageplan

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Am Heuberg steht das wohl schönste Renaissance-Bauwerk Basels - der Spiesshof. Im Mittelalter waren dies fünf einzelne Liegenschaften, die erst im Laufe der Zeit zu einer einzigen zusammenwuchsen. Der Name einer dieser Liegenschaften (im 13.Jh als "Huss zuom Spiess" erstmals erwähnt) soll seinen Ursprung bei einem Kellermeister und Kantor des Stifts St.Leonhard haben, der Burchard von Spietz heiss. Er sei um 1294 zum Stift gekommen.
der spiesshof

Links die Fassade des Renaissanceflügels mit dem Hof davor. Rechts im Bild eine Eckpartie des anschliessenden Barockflügels. Rechts In der Fassade des alten Baus unterscheidet sich der dritte Stock in der Gestaltung von den beiden unteren Geschossen.
Aus mehreren Liegenschaften entstanden

Baugeschichtliche Untersuchungen 1999 haben ergeben, dass die Torpartie an der Hoffassade des Nordflügels des Spiesshofs Mauerreste aus dem späten 13. oder frühen 14.Jh aufweist, just der Zeit des Kellermeisters von St.Leonhard. Von einem anderen Teil des späteren Spiesshofs berichtet eine Urkunde vom Dezember 1369. Cunrad Radol erwarb damals das benachbarte Haus welches auf der anderen Seite an das Haus zum Landshut anstiess.

Der damalige Spiesshof selbst gehörte in jenen Tagen dem Basler Bürger Heinrich Hubschelm von Altkirch. Er veräusserte im März 1370 das Haus an Panthelin Wildermann. Anno 1378 kaufte Ulmann Vitzthum den Spiesshof zum Preis von 100 Pfund. Für 20 Pfund mehr ging das Haus 1382 an Konrad von Leymen über, womit es den Namen Leymenhof erhielt. 1387 gelang Henman von Leymen, dem Eigentümer des Hofs, der Erwerb einer anstossenden Liegenschaft.

Diese Liegenschaft gehörte zuvor dem Stift St.Leonhard. Henman war verheiratet mit Brodenlin von Leymen, die ihn überleben sollte. In seiner Hand vereinigte sich nun ein Grossteil jener Liegenschaft die uns heute als der Spiesshof vertraut ist. 1390 kam der Hof in den Besitz des Hans von Leymen (Sohn des Henman von Leymen). Hans und seine verwitwete Mutter verkauften 1429 zwei an den "Leymenhof" stossende Häuser an den Weissbeck Hans von Grüningen.


Der reiche Herr aus Brügge

Berühmtheit erlangte der Spiesshof durch jenen Mann der 1546 Hans Bockstecher die Liegenschaft abkaufte. Es handelte sich um einen Johann von Brügge, der zwei Jahre zuvor als evangelischer Glaubenflüchtling nach Basel gekommen war. Als David Joris, dem Führer einer Gemeinschaft von Täufern, sollte er erst nach seinem Tod bekannt werden. Auf ihn und nachfolgende Besitzer im 16.Jh geht wohl der Renaissanceflügel des Spiesshofs zurück.

Lange nahm man an, dass der Bau bis zum zweiten Stock aus der Zeit um 1550/60 stammte. Die drei Rundbogen des Erdgeschosses zum Hof waren einst offen. Die zwei Stockwerke darüber sind durch jonische Säulen in sechs Fensterfelder geteilt. Je zwei solcher Felder haben die Breite eines Bogens im Erdgeschoss. Die vertikale Achse wurde geteilt. Eine erneute Teilung zeigt sich im dritten Stock. Heute geht man davon aus dass Architekt Daniel Heintz 1585/90 den ganzen Flügel baute.

Hinter der Fassade des dritten Stocks mit seinen zwölf Fensterfeldern verbirgt sich ein spätgotisches Netzgewölbe auf der ganzen Länge der Etage. An den alten Hauptflügel schliesst weiter oben am Heuberg der Barockflügel des Spiesshof an. Er ist einen Stock niedriger als der Renaissancebau, und er verfügt wegen des höheren Niveaus der Strasse an der ihr zugewandten Fassade nicht über ein Untergeschoss als der Rennaissanceflügel.

hof zum heuberg

Links Torbogen an der Hoffassade des Renaissanceflügels mit Zierelementen des 16.Jh und Mauerrresten der 13./14.Jh. Rechts die Hofecke wo der Barockflügel an den alten Bau anschliesst. Man sieht einen der einst offenen Bogen im Erdgeschoss des Renaissancebaus.
Ein Offizier und Handelsmann

Die Barockpartie entstand nachdem Niklaus Harscher den Spiesshof 1723 für 10'500 Pfund von Jakob Birer und dessen Frau Katharina Merian erworben hatte. Seit den Tagen von David Joris hatten bis zu Harschers Einzug illustre Leute das Anwesen bewohnt. 1580 verkauften Hans Philipp Offenburg und Hieronymus Iselin den Spiesshof gemeinsam an Hans Balthasar Imry. Dessen 1553 verstorbener Vater Niklaus Imry war Oberst in französischen Diensten.

Balthasars Bruder Hans Heinrich Imry war Offizier in niederländischen Diensten und Besitzer des Hauses "zum weissen Bären" am Schlüsselberg 5. Balthasar Imry selbst hatte es zum Hauptmann gebracht. Mit dem Erwerb einer Scheune am Heuberg von Hans Ecklin 1585 erweiterte er den Spiesshof. Nach dem Tod von Balthasar Imry verkauften die Witwe Margaretha und die anderen Hinterbliebenen den Spiesshof für 3000 Pfund an Heinrich von Gerth und Heinrich Schwegler.

Bei diesem Anlass tritt als Teilvogt der beiden jüngsten Töchter des verblichenen Balthasar Imry ein Konrad Harscher auf. Allerdings mussten die Erben das Anwesen nach kurzer Zeit wegen Komplikationen wieder zurücknehmen. Bereits im Januar 1599 hatten sie mit dem Ratsherrn und Oberstzunftmeister Hieronymus Menthelin einen neuen Käufer gefunden. Von nun an trug die stattliche Liegenschaft am Heuberg den Namen "Menthelins-Hof".

Als Hieronymus Menthelin das Zeitliche segnete, erbte seine Frau Sara von Spyr die Liegenschaft, welche sie im Januar 1617 für 4000 Pfund an Christoph Burckhardt und dessen Frau Ursula Geiger verkauft. Der betagte Herr Burckhardt verkaufte den Spiesshof dann im Jahr 1666 zum Preis von 6500 Pfund an den Kaufmann Melchior Steiner. Dieser Herr verscherbelte das Anwesen schliesslich im Jahr 1672 zu 4200 Pfund an Maria von Erlach.


Um- und Neubau im Barockstil

Maria von Erlach war die Witwe von Georg Christoph von Taupadel, einem 1647 verstorbenen General des 30jährigen Krieges. Die Witwe des Generalissimus liess im September 1685 den Spiesshof an den Kaufmann Jakob Birer zum Preis von 4000 Pfund verkaufen. Wie wir nun wissen, gab er die Liegenschaft dann Anno 1723 für 6500 Pfund mehr an Niklaus Harscher weiter. Unter Harscher entstand 1724 der bereits angesprochene barocke Anbau.

gartenfassade

Die gartenseitige Partie des Barockflügels von 1724 mit ihrer streng symmetrischen Fassade. Auf der Strassenseite links erkennt man das Portal wo eine Kartusche das Jahr der Errichtung verkündet.
Vom Bau des Barockflügels kündet heute noch die Jahreszahl über der Haustür am Heuberg. Der Stil lässt französische Einflüsse erkennen. Die Symmetrie spielt eine tragende Rolle. Das zeigt sich sehr deutlich an der ebenmässigen Fassade zum Garten hin, wo sie sich auch am einfachen Ökonomiegebäude fortsetzt, welches dort eingeschossig in den grünen Hof ragt. Mit dem Tod von Niklaus Harscher ging der Spiesshof an seine Erben über.

Die Töchter verkauften ihren Anteil an der Liegenschaft für 15'500 Pfund an ihre Brüder Rudolf und Niklaus Harscher. Zehn Jahre später überliess Rudolf seine Hälfte Spiesshof für eine erkleckliche Summe seinem Bruder, der als Präsident dem Direktorium der Kaufmannschaft vorstand. Nach seinem Tod verkauften 1795 die Erben von Niklaus den Spiesshof für 31'000 Pfund an den Kaufmann Niklaus Reber, der das Anwesen seinerseits 1804 verkaufte.


Die Finanzen in der Holzkiste

Für die Summe von 38'400 Pfund ging der Spiesshof an das Handelsunternehmen Balthasar & Benedikt Stähelin. Im Raum der paradoxerweise David Joris (nach dessen Tod der Renaissanceflügel erst entstand) als Andachtslokal gedient haben soll, bewahrte die Firma ihr Geld auf. Säcke mit Münz wurden vier Treppen empor auf gebeugten Rücken hochgetragen, und in die sogenannte Kapelle verbracht. Dort hatte man speziell einen massiven Eichenschrank eingebaut.

Dieser Schrank sei erheblich grösser als die Tür gewesen, damit man ihn nicht davonschaffen konnte. Mit Schlössern vielfach gesichert, ruhten dort die finanziellen Mittel der Firma, bewacht vom angeblich umherspukenden David Joris. Der letzte private Besitzer des Spiesshofs war der Hutmacher Daniel Gessler, der 1844 von Balthasar & Benedikt Stähelin für 90'000 alte Franken die Liegenschaft mit einer nahen Scheune und Remise erwarb.

Am 7.Dezember 1853 kaufte die Schweizerische Centralbahn den Spiesshof und hier sei auch der Vertrag zum Gotthardtunnel unterzeichnet worden. Nachdem 1902 die Eisenbahn verstaatlicht wurde, war der Spiesshof das Domizil der Kreisdirektion II der SBB. Sie nutzte später infolge ständigen Wachstums auch nahe Liegenschaften am Heuberg und am Leonhardsgraben. Bis 2008 war der Spiesshof der Sitz der Direktion Materialwirtschaft und Einkauf der SBB.

Offenbar wurden am Spiesshof bereits 1946 umfangreiche Renovationen durchgeführt. Ab 1986 wurde er einer etappenweisen Aussenrestauration unterzogen welche bis ins 21.Jh dauerte. Bei begleitenden Untersuchung wurden an der Renaissancefassade acht Bemalungsschichten entdeckt, die das Gebäude im Laufe der Zeit verschieden färbten. Der Spiesshof zeigte sich einst auch in Farben wie Hellbeige, Hellgrau oder auch in einem grünlichen Graubeige.




Querverweis:

>> David Joris (einst Hausherr im Spiesshof)



Quellen:

primär genutzte

Barbara Hauss, Der Renaissancebau des "Spiesshofs" in Basel, 170.Neujahrsblatt der GGG, 1992, Helbing & Lichtenhahn

Daniel Reicke, Baugeschichtliche Untersuchungen im Jahre 1999 - Heuberg 5/7, Jahresbericht 1999 der Archäologischen Bodenforschung BS, ISBN 3-905098-29-6, Seiten 223 bis 224

F.A.Stocker, Basler Stadtbilder, 1890, H.Georg's Verlag, Seiten 297 bis 307

Das Bürgerhaus in der Schweiz, Band XVII - Kanton Basel-Stadt, 1.Teil, 1926, Orell Füssli Verlag, Seiten 57 bis 59 sowie Tafeln 126 bis 136


sekundär genutzte

E. Blum und Th. Nüesch, Basel Einst und Jetzt, Eine kulturhistorische Heimatkunde, 1913, Verlag Hermann Krüsi, Seite 91 bis 92

Eugen A.Meier, Verträumtes Basel, 1974, Birkhäuser Verlag, ISBN 3-7643-0730-7, Seiten 65 und 66

Dorothee Huber, Architekturführer Basel, 2.Auflage 1996, Herausgegeben vom Architekturmuseum in Basel, ISBN 3-905065-22-3, Seiten 54 bis 55

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