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Glosse Nr.13 / 03. August 2004

Patiotismus nach Noten

Der verflossene Nationalfeiertag offenbarte, dass ich zu jenen Crétins zähle deren bescheidener Intellekt mit dem Rezitieren von vier Strophen überfordert ist. Allerdings erhebe ich mich mit meiner Kenntnis der ersten beiden Strophen der Nationalhymne über den Durchschnitt.

Dabei ist der Schweizerpsalm wirklich kein Werk nach meinem Gusto, so viele patriotische Gene ich auch in mir bergen mag. Alleine die Passage in der des betenden Schweizers fromme Seele Gott im hehren Vaterland ahnt - Ich bezweifle sehr, dass sich genügend Frömmigkeit in meiner Seele für dergleichen Visionen findet.

Die älteren Jahrgänge mögen sich an die Zeiten vor 1961 erinnern, als die Landeshymne noch zur Melodie von "God save the King" (beim nördlichen Nachbarn zu Kaisers Zeiten auch als Variante "Heil dir im Siegerkranz") gesungen wurde. Urchig war der Text von Helvetia, die hatte noch der Söhne ja, wie sie St.Jakob sah, freudvoll zum Streit.

Die weltweite Bruderschaft der Machos könnte sich sofort mit jener Strophe der alten Hymne idendifizieren, die da von den Schweizer Mannen spricht, die den Felsen gleich, nie vor Gefahren bleich, froh noch im Todesstreich, stehen, um sterbend noch das Land zu schützen - allen Schmerz mit einem Bonmot überspielend.

Gesungene Vaterlandsliebe ist ausser Mode. Nur eine Bastion erhebt sich im Westen. Hymnenmässig prahlen die USA damit das Land der Freien und die Heimat der Tapferen zu sein, und sie legen eine tiefe Anhänglichkeit zum Sternenbanner an den Tag. Endlos wird da die Flagge besungen, die von Sonnenaufgang bis Abendrot zu ehren sei.

Die armen Stars and Stripes haben auch etwas Liebe nötig, bilden sie doch die meistverbrannteste Fahne des Universums. Soviel Text um Textiles. Anders war das in Ronald Reagans rotem Reich des Bösen - unzerbrechlich sei da die Union der freien Republiken gewesen, die sich aus dem grossen Russland erhoben habe.

Wuchtig kam die Hymne mit "Jagd auf Roter Oktober" in die Kinos des dekadenten Westens. Es gibt nur ein Werk dass ihrer ebenbürtig ist - die Marseillaise. Wie der gallische Hahn kündigt sie den Kindern des Vaterlands den anbrechenden Tag des Ruhmes an. Zu Bataillonen sollten sich die Bürger scharen, um feindlichen Kohorten und Häscher der Monarchen zu verjagen.

Dergleichen würde in Deutschland als Anstiftung zum Aufruhr umgehend verboten. Dort lobt die Hymne Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland. Allerdings hatte das Lied mit anderem Text auch schon Tage gesehen, in denen Bürger aufgerufen wurde sich zu Bataillonen zu scharen, um sich fast die ganze Welt zum Feind zu machen.

Dabei ist die Melodie des Liedes der Deutschen eine österreichische, geschrieben von Joseph Haydn als Kaiserquartett für Streicher. Durch jede Folge Sissi wabbert das Stück zuweilen hinter Romy und Karl-Heinz über die Leinwand als Intonierung Österreichs. Dort besingt man heute das Land der Berge am Strome, wo es Äcker gibt und Dome.

Kennen Sie übrigens die rätoromanische Version unserer Landshymne? Sie haben ja nun fast ein Jahr Zeit, Ihr Umfeld mit einer besonderen Darbietung des Patriotimus zu erstaunen, indem sie folgende Zeilen auswendig lernen:

In l'aurora la daman
At cugnuoscha bain l'uman, Spiert etern dominatur,
Tuot pussant!
Cur ils munts straglüschan sura,
Ura, liber Svizzer, ura.
Tia orma sainta ferm
Dieu in tschêl, il bap etern.
Dieu in tschêl, il bap, il bap etern.

engel

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