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Herkunft des Namens "Wielandplatz"



Frau B. / 20. März 2014:

Auf wen ist der Name Wielandplatz in Basel zurückzuführen?

Antwort von altbasel.ch:

Der Wielandplatz bekam seinen Namen 1898 und einnert an den Basler Polizeidirektor Johannes Wieland (1791-1832). Dieser wurde am 14. Januar 1791 als erster Sohn des Kriminalgerichtspräsidenten (ab 1813 Bürgermeister) Johann Heinrich Wieland (1758-1832) geboren. Einige seiner Kinderjahre verbrachte Johannes in Liestal, wo sein Vater zeitweise Regierungsstatthalter war. Seine Bildung vertiefte er danach in Montbéliard und ab 1804 Paris.

Dort wuchs in ihm eine Bewunderung für das Militär von Napoleons jungem Kaiserreich heran. Nachdem der Halbwüchsige seinen Eltern die Bewilligung dazu abgerungen hatte, konnte er mit 16 Jahren 1807 Offizier im Grenadierbataillons des 2. Schweizerregiments in französischen Diensten werden. Mit dem 1. Bataillon zog er im Herbst des selben Jahres voller Tatendrang in den Spanienfeldzug. In Spanien wurde der Siebzehnjährige am 8. Januar 1808 zum Hauptmann befördert.

johannes wieland

Während der Belagerung des portugiesischen Chaves kommandierte Wieland fieberkrank ein Detachment von knapp 70 Mann, das eine alte Festung gegen die Portugiesen verteidigte. In Decken gehüllt, oftmals nicht in der Lage zu stehen, gab er seine Befehle. Nach einigen Tagen musste seine zunehmend dezimierte Truppe kapitulieren. Von den Portugiesen an die Briten übergeben, kam Wieland nach Schottland, von wo aus er im November 1812 aus der Gefangenschaft floh.

Über Skandinavien gelangte er auf Umwegen zur französischen Garnison in Hamburg, wo er wünschte, sich seinem alten Regiment anzuschliessen. Dieses befand sich gerade auf dem Feldzug Napoleons in Russland. Die kläglichen Reste schleppten sich zu dieser Zeit auf dem schrecklichen Rückzug durch Schnee und Eis nach Westen. Wieland wurde daher zum Depot des Regiments ins Elsass befohlen, wo die durch schwere Verluste geschundene Einheit neu formiert werden sollte.

Nach kurzem Besuch bei seinen Eltern in Basel, zog er mit seinem Regiment im Frühjahr 1813 nach Utrecht. Dort wurde er in den französischen Generalstab berufen, um erster Adjutant von Divisionsgeneral François Pierre Amey (1768-1850) zu werden. Mit dessen 2. Division kämpfte Wieland in Frankreich gegen die vordringenden Aliierten. Im Gefecht von La Chaussée gegen die Preussen am 3. Februar 1814 erlitt er eine Kopfwunde und sein Pferd wurde unter ihm getötet.

Am 25. März kämpfte seine Division in der Schlacht bei Fère-Champenoise, in der Truppen der Preussen, Österreicher, Württemberger und Russen die französischen Einheiten in die Flucht schlugen. Inmitten eines verzweifelt Stand haltenden Infanterieverbandes, wurde Wieland schwer am Kopf verwundet und verlor die Besinnung. Für tot gehalten, warf man ihn nur mit einem Hemd bekleidet auf einen Leichenhaufen. Wieder bei Bewusstsein, geriet er erneut in Gefangenschaft.

Polizeidirektor in Basel

Nach Napoleons Niederlage kam Wieland aus Lazarett und Gefangenschaft zurück, um nun unter Bourbonenkönig Ludwig XVIII. (1755-1824) in der französischen Armee zu dienen. Für seine Verdienste wurde Wieland in die Ehrenlegion aufgenommen. Nach der Rückkehr Napoleons und dem Ende seiner zweiten Herrschaft im Juni 1815, wurde von den neuen Herrschern die französische Armee grundlegend umgestaltet, um alle Spuren von Napoleon in ihr zu auszulöschen.

Johannes Wieland fand in dieser neuen Armee keinen Platz mehr. Er kehrte nach Basel zurück, wobei ihm weiterhin sein halber Sold ausbezahlt wurde. In seiner Heimatstadt wurde am 21. Juni 1816 mit dem "Gesetz wegen Einrichtung einer Kantonspolizey" der Grundstein einer modernen Basler Polizei gelegt. Dazu wurde auch das Amt des Polizeidirektors geschaffen, der direkt der Regierung und dem Bürgermeister unterstand. Diese Stelle wurde Wieland übertragen.

Im Dienste der Eidgenossenschaft

In jenen Jahren wurden in der Schweiz erst Anstrengungen unternommen, aus dem Militär der Kantone eine einheitliche eidgenössische Armee zu formen. In einer 1821 publizierten Denkschrift sprach sich der in militärischen Belangen erfahrene Wieland für die Bildung einer nationalen Armee aus, welche die Eigenheiten von Land und Volk berücksichtige. Eine bald darauf erscheinene Schrift von ihm thematisierte die Mittel zur Wahrung der Schweizerischen Neutralität.

Sein wichtigstes Werk "Handbuch für Schweizerofficiere" erschien 1825. Die darin dargelegten Betrachtungen zum Kriegswesen und zur Landesverteidigung schöpften aus seiner reichen Erfahrung in Napoleons Diensten. Sein Enagement wurde bereits im Jahr 1822 auf nationaler Ebene gewürdigt, als ihn die eidgenössische Tagsatzung zum Oberstleutnant im Generalstab ernannte. Wieland bereiste die Schweiz, um Erkundungen zur Landesverteidigung zu anzustellen.

Seine Beobachtungen und Vorschläge zur Verteidigung verschiedener Landesteile wurden zu einer wichtigen Hilfe für den Generalstab. In den Rang eines Obersten befördert, führte Wieland 1828 beim 5. eidgenössischen Übungslager in Wohlen eine Brigade. Er legte die rare Begabung an den Tag, nicht nur das Kader sondern auch die Milizmannschaften anzusprechen und ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen. Weniger Sympathien brachte ihm sein Militärdienst für den Kanton Basel.

Ungeliebter Basler

Im damals noch ungeteilten Kanton Basel war Wieland nicht nur als Polizeidirektor aktiv. Er spielte auch eine wichtige militärische Rolle, was in den Trennungswirren ab 1831 zu seinem Verhängnis werden wollte. Damals regten sich zunehmend liberale Strömungen in der Schweiz. Ihre Stimme erhoben auch freiheitlich gesonnene deutsche Immigranten, die vor der Unterdrückung durch ihre Monarchen in die Schweiz geflohen waren. Wechsel und Konflikte zeichneten sich ab.

In Basel flammte ein solcher Konflikt zwischen Stadt und Land auf. Die Bevölkerung auf dem Land strebte nach mehr Mitsprache und Unabhängigkeit. Die Stadt war überwiegend in ihren konservativen Vorstellungen verhaftet, und sträubte sich gegen dieses Ansinnen. Dies mündete in einen Streit, der hin zu Waffengewalt und schliesslich zur Trennung in zwei Halbkantone führte. Eine bedeutende Rolle in diesem Konflikt spielte Johannes Wieland als Basler Militär.

Wieland hatte unter Kaiser Napoleon gedient und gekämpft. Seine Werte waren von militärischer Ordnung und dem Prinzip von Autorität und Gehorsam geprägt. Ideale die den neuen liberalen Strömungen stark entgegenliefen. Da sich Wieland mit seiner konservativen Gesinnung nicht zurückhielt, und 1831 militärische Ausmärsch von Basler Truppen gegen die rebellische Landschaft befehligte, wurde er zum ungeliebten Basler und Hassobjekt in der radikal-liberalen Presse.

Der gebrochene Krieger

Mehrfach führte Wieland militärische Expeditionen der Basler Truppen aufs Land. Nach einem solchen Ausmarsch hatte er sich im Januar 1831 gar zur Aussage verstiegen, dass die Rebellion auf dem Lande nun vorbei sein. Bei seinem letzten Ausmarsch im August 1831 wirkte der sonst so energische Mann unkonzentriert und kraftlos. Der ruhmlose kleine Feldzug mit einem Schusswechsel in Liestal bewirkte wenig. Teilnehmer berichteten indes von einer ungewohnten Passivität Wielands.

Es war offensichtlich, dass der bewährte Kommandeur an Vitalität verloren hatte. Der leicht reizbare Mann litt sehr unter den Anfeindungen, denen er nie aus dem Weg gegangen war. Dass das von ihm so geschätze Militär beim Aufstand auf der Landschaft sich als nutzloses Instrument offenbarte, steigerte seine Frustration. Trotz eines Erholungsurlaubs im Süden besserte sich Wielands Zustand nicht. Am 12. März 1832 erlag der gebrochene Krieger einer Gehirnerkrankung.




Beitrag erstellt 24.04.14

Quellen:

August Bernoulli, Basel in den Dreissigerwirren, Band I - Die erste Revolution bis zur neuen Verfassung vom Februar 1831, 85. Neujahrsblatt der GGG, Verlag Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1907, Seiten 52 (Portrait Wielands) bis 62

August Bernoulli, Basel in den Dreissigerwirren, Band II - Die zweite Revolution bis zur teilweisen Trennung im März 1832, 86. Neujahrsblatt der GGG, Verlag Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1908, Seiten 22 bis 29

Rudolf Brüderlin, Beitrag "Wieland, Johannes (der Aeltere)", publiziert in Allgemeine Deutsche Biographie, Band 44, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Duncker & Humblot, Leipzig, 1898, Seiten 501 bis 509

Markus Fürstenberger, 175 Jahre Basler Polizei, herausgegeben von der Kantonspolizei Basel-Stadt / Robert, Heuss Friedrich Reinhardt Verlag, Basel, 1991, ISBN 3-7245-0738-0, Seiten 22 bis 24

Eduard His, Basler Staatsmänner des 19. Jahrhunderts, Verlag Benno Schwabe & Co Basel, Basel, 1930, Seiten 36 bis 37 45 und 56

André Salvisberg, Die Basler Strassennamen, Christoph Merian Verlag, Basel, 1999, ISBN 3-85616-104-X, Seite 430

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