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Der Rheinuferweg von St.Alban zur Rheinbrücke



Herr G. / 30. März 2011:

Ich bin auf der Suche nach Material über den Rheinuferweg auf Grossbasler Seite aus dem Jahr 1883, in dem er der Basler Bevölkerung vom Regierungsrat (Name?) versprochen wurde.

Antwort von altbasel.ch:

Idee eines Weges am grossbaser Rheinufer

Ich ging die Regierungsmitteilungen für 1883 durch, fand indes kein regierungsrätliches Versprechen zu einem solchen Projekt. Weitere Recherchen führten mich zu einer Note des Regierungsrats zu Handen des Grossen Rats aus dem Jahre 1986, wo zu lesen ist: "Am 23. Oktober 1883 verkündete der damalige Baudirektor, Regierungsrat R. Reese, der Bevölkerung, dass nun ernsthaft an die Erstellung einer linksufrigen Verbindung von der Mittleren Brücke bis zum St.Alban-Tal gedacht werde."
[1]

Mir ging auf, wieso am falschen Ort gesucht hatte. Offenbar handelte es sich bei der genannten Person um Heinrich Reese (1843-1919), der ab 1875 Basler Bauinspektor war und von 1882 bis 1894 das Amt des Basler Kantonsbaumeisters inne hatte. In selben Jahr in dem er aus diesem Amt schied, wurde er Regierungsrat und übernahm das Baudepartement. Reese sprach in einem Vortrag vor dem Schweizerischen Ingenieur- und Architekten Verein am 23. Oktober 1881 zum Projekt eines Rheinuferwegs.

Konkret war seine Aussage "...wie auch an die Erstellung des Rheinquai vom linken Rheinufer und zwar von der alten Rheinbrücke bis zum St.Albanthal, gedacht werden muss..."
[2] Aufgrund des identischen Datums "23. Oktober" und der Ähnlichkeit der zentralen Passage vermute ich eine Verwechslung beim Jahr. Hinzu kommt, dass Heinrich Reese 1883 und auch 1881 noch gar nicht Regierungsrat war, sondern wie erwähnt noch als Bauinspektor, beziehungsweise ab 1882 als Kantonsbaumeister wirkte.

Zwei Projekte des 19. Jahrhunderts

Im Basler Stadtbuch 1987 erhellte der stellvertretende Staatsarchivar Ulrich Barth (geboren 1939) die Geschichte der Rheinufermauer am Münsterhügel, und ging auch auf das Projekt einer Strasse am Rheinufer ein. Barth legte dar, dass Reese sich mit seiner Fürsprache für einen Rheinuferweg auf bereits beackertem Feld bewegte. Der Idee eines solchen Weges von St.Alban ins Stadtzentrum wurde schon um 1855 vom badischen Oberbaurat Johann Sauerbeck (1798-1861) befürwortet
[3]

Einige Jahre später sprach sich auch der damalige Stadtbaumeister Amadeus Merian (1808-1889) für einen solchen Weg aus. Merian war ab 1835 Basler Bauinspektor und schuf sowohl das Café Spitz wie auch das Hotel Trois Rois. Ferner ist er wahrscheinlich der Architekt des todgeweihten Alten Warteck am Riehenring. Wegen Streitigkeiten um den Umbau der alten Universität am Rheinsprung schied Merian 1859 aus dem Amt. In einem Gutachten vom 23.12.1858 hielt er zum Rheinuferweg fest:

"...wird also ein Quai längs der grossen Stadt angenommen, so erhält er erst einen rechten Werth, wenn er nicht nur für Fussgänger sondern auch für Fuhrwerke zugänglich ist und mit demselben an so vielen Stellen als möglich von der zunächst gelegenen Strasse aus sich kommunizieren lässt..."
[4]

Aus dieser Passage tritt hervor, dass Merian eine leistungsfähige Verbindungsstrasse vorschwebte. Merians Rheinuferstrasse hätte die engen Gassen der Stadt umgangen, und den Fuhrwerken den Weg vom St.Albantal mit seinen Fabrikstätten direkt ins Herz der Stadt an die Schifflände geebnet. Dieses Projekt hätte bis auf die Höhe der Alten Universität dem Rheinufer entlang führen sollen, um von dort aus mit einer Rampe zum Brückenkopf an der Schifflände aufwärts zu verlaufen.
[5]

Auf der selben Linie bewegte sich der Rheinuferweg von Reese. Er sprach konkret von den Massnahmen die für sein Ideal notwendig waren. Am Rheinsprung und an der Augustinergasse sollten demnach die rheinseitigen historischen Häuser für den Bau des Verkehrsweges verschwinden, darunter die Alte Universität. Reese begrüsste die Vorstellung, dass damit repräsentative Gebäude, wie das heutige Naturhistorische Museum oder das Blaue und das Weisse Haus die Rheinfront frei dominierten.
[6]

Der Eselweg der Müller von St.Alban

Beide Strassenprojekte wandelten auf alten Pfaden, denn einen Weg am Rheinufer entlang gab es an dieser Stelle bereits Jahrhunderte zuvor. Bis ins 16. Jahrhundert gab es dem grossbasler Rheinstrand entlang den sogenannten Eselweg. Daniel Albert Fechter (1805-1876) hielt dazu 1856 fest, dass die Müller an den Teichen um St.Alban den Weg nutzten. Sie packten ihr Mehl in Säcken auf Esel, mit denen sie beim sogenannten Müllertürlein auf den Eselweg Richtung Rheinbrücke gingen.
[7]

Dieser Weg, der gewiss schon im Mittelalter bestand, führte auf dem Uferstreifen entlang des grossbasler Rheinufers bis zur Schifflände. In der Neuzeit verschwand die für die Müller im Dalbenloch wichtige Verbindung. Dies weil der Strom das Ufer am Prallhang zunehmend unterspülte, bis die Ufermauern einsturzgefährdet waren und auch der Eselweg vom Rhein verschlungen wurde. Die Erinnerung an den Weg lebte noch lange fort, wie eine Chronik aus dem 18. Jahrhundert belegt:

"...Allein seit Errichtung dieses Werkes wurde der Rhein je länger je mehr gegen der grossen Stadt getrieben. Der sogenannte Eselweg, so von der Rheinbruck bis zu dem St.Albanloch dem Gestade der grossen Stadt nach gieng und dessen sich noch viele Leute zu erinnern wissen, vergieng..."
[8]



Beitrag erstellt 30.03.11 / Flüchtigkeitsfehler korrigert 11.05.11

Anmerkungen:

[1] Schreiben des Regierungsrates an den Grossen Rat, Nummer 6286, 31. Juli 1986

[2] H. Reese, Die Bauliche Entwicklung Basels in den letzten 30 Jahren, Vortrag vom 23. Oktober 1881

[3] U.Barth, "Die Grossbasler Rheinmauer zwischen Wetteinbrücke zwischen Wettsteinbrücke und und Mittlerer Brücke", publiziert im Basler Stadtbuch 1987, Basel, 1988, Seite 157

[4] Akten U 1. - Allgemeines und einzelnes (1713-1940), in Unterabteilung "U - Rhein", in Abteilung "Bau (1083-1980), im Älteren Hauptarchiv, einsehbar im Staatsarchiv Basel-Stadt

[5] U.Barth, "Die Grossbasler Rheinmauer zwischen Wetteinbrücke zwischen Wettsteinbrücke und und Mittlerer Brücke", publiziert im Basler Stadtbuch 1987, Basel, 1988, Seite 157 (Plan) und 158

[6] H. Reese, Die Bauliche Entwicklung Basels in den letzten 30 Jahren, Vortrag vom 23. Oktober 1881

[7] D.A. Fechter, Abschnitt "Das Gericht zu St.Alban - Die Müller zu St.Alban", in "Topographie mit Berücksichtigung der Cultur- und Sittengeschichte", publiziert in Basel im vierzehnten Jahrhundert, Basel, 1856, Seite 104

[8] A. Burckhardt-Finsler, Beitrag "Eine Kleinbasler Chronik des 18. Jahrhunderts", publiziert im Basler Jahrbuch 1907, Basel, 1906, Seite 221


Quellen:

Ulrich Barth, "Die Grossbasler Rheinmauer zwischen Wetteinbrücke zwischen Wettsteinbrücke und und Mittlerer Brücke", publiziert im Basler Stadtbuch 1987, herausgegeben von der Christoph Merian Stiftung, Christoph Merian Verlag, Basel, 1988, ISBN 3-856-16-033-7, Seite 157

Daniel Albert Fechter, "Topographie mit Berücksichtigung der Cultur- und Sittengeschichte", publiziert in Basel im vierzehnten Jahrhundert, herausgegeben von der Basler Historischen Gesellschaft, H.Georg's Verlag, Basel, 1856, Seite 104

Albert Burckhardt-Finsler, Beitrag "Eine Kleinbasler Chronik des 18. Jahrhunderts", publiziert im Basler Jahrbuch 1907, herausgegeben von Albert Burckhardt-Finser, Rudolf Wackernagel und Albert Gessler, Verlag von Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1906, Seite 221

Guido Helmig/Christoph Philipp Matt, Beitrag "Inventar der Basler Stadtbefestigung - Planvorlage und Katalog, 2. Die rheinseitige Grossbasler Stadtbefestigungen", publiziert im Jahresbericht 1990 der Archäologischen Bodenforschung des Kantons Basel-Stadt, herausgegeben von Rolf d'Aujourd'hui, Basel, 1992, ISBN 3-905098-11-3, Seiten 212 Spalte 2, und 215 Spalte 2 (zum Eselweg)

Heinrich Reese, Die Bauliche Entwicklung Basels in den letzten 30 Jahren, Vortrag vom 23. Oktober 1881 in der 29. Jahresversammlung des Schweizerischen Ingenieur- und Architekten Vereins zu Basel

Akten Bau U 1, Älteres Hauptarchiv, Staatsarchiv Basel-Stadt

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