der leu

zurueck

fragen zum alten basel
Das Restaurant Gifthüttli und sein Name



Herr S. / 03. Mai 2005 (Antwort überarbeitet Mai 2018):

Woher kommt der Name "Gifthüttli"?

Antwort von altbasel.ch:

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts stand an der damaligen Sattelgasse 21 ein Gebäude in dem sich die Weinstube "Zum Ritter St.Georg" befand. Die Bezeichnung ging auf einen bereits im 13. Jahrhundert erwähnten St.Georgsbrunnen an der Sattelgasse zurück. Die Schenke wurde gemäss Lokalhistoriker Eugen A. Meier (1933-2004) im Jahr 1842 für 12'000 Franken von Innozenz Weiss erworben.

Diese Weinschenke sei im 19. Jahrhundert die erste gewesen, die neben Wein auch Bier ausschenkte. Damals war es üblich, dass Bier direkt in den Wirtschaften der diversen Brauereien ausgeschenkt wurde. Der ungewöhnliche Bierausschank habe Misstrauen geweckt. Eine Zeitungsmeldung habe gar behauptet, dass Bier welches nicht beim Brauer ausgeschenkt werde das reinste Gift sein müsse.

Es liegt nahe zu vermuten, dass konkurrierende Wirte hinter den bösen Spruch mit dem Gift standen, und versuchten das erfolgversprechende neue Konzept mit übler Nachrede zu hintertreiben. Jedenfalls habe man in der Weiss'schen Schenke das Gerücht originell pariert und den Name der Weinstube in "Gifthüttli" geändert. Der Bierausschank lief trotz der bösen Sprüche gut und ohne Vergiftungen an.

Wegen der Korrektion der Schneidergasse wurde das alte Gebäude in der das Gifthüttli sich befand verkauft und abgerissen. Das Wirtepaar Paul und Maria Weiss-Lipp beauftragte den Basler Architekten Rudolf Sandreuter (1868-1926) mit dem Bau eines Neubaus der im "altschweizerischen Stil" gehalten sein sollte. Dieser Heimatstil vereinigte romantische Ideale mit Traditionsbezogenheit in sich.

Das 1913 eröffnete Gifthüttli präsentierte sich im Erdgeschoss mit wehrhaftem Mauerwerk. Über den Bossenquadern an der Ecke zur Schneidergasse zieht sich ein Erker über zwei Geschosse empor. Das Krüppelwalmdach gibt den Bau eine ländliche Note. Eine Besonderheit ist der metallene Lällekönig an der Dachtraufe zur Glockengasse hin, der auf einen Streit mit einem Nachbarn zurückgehen soll.

restaurant gifthuettli an der schneidergasse in basel

Das Restaurant Gifthüttli an der Schneidergasse 11 mit seinem zweigeschossigen Erker an der Ecke zur Sattelgasse und den Wandmalerien von Otto Plattner im ersten Obergeschoss. | Aufnahme vom Mai 2018

Die Fassadenmalerien des Gifthüttli stammen übrigens vom Liestaler Künstler Otto Plattner (1886-1951). Die Fresken mit dem Jägermeister so wie den trinkfreudigen Kriegern erinnern an den Stil von Ferdinand Hodler (1853-1918). Namentlich die Krieger (mit Wein und Bier) lassen klar die Inspiration bei Hodlers Fresken zur Schlacht von Marignano 1515 im Landesmuseum in Zürich erkennen.

Das Gifthüttli trug viel zum Lokalkolorit rund um den Marktplatz bei. In früheren Zeiten sei es zuweilen so gewesen, dass der Weibel des Rates vor wichtigen Abstimmungen in die Gaststätte kam. Dies weil sich hier stets einige Ratsherren aufgehalten hätten, die bei wichtigen Entscheidungen gebraucht wurden. Daraus entstand im Jahr 1978 auch eine andere Eigenheit des Gifthüttli.

Namhafte Basler Grossräte verschiedener Parteien, so etwa der damalige Gewerbedirektor Eduard Frei (1917-2018), versammelten sich um einen runden Tisch. In der Tischplatte ist noch heute das Baslerwappen die Namen jener die dieser illustren Tafelrunde angehörten eingeschnitzt. Zwischen Bier und Wein seien da manche Debatten geführt und manche Kompromisse geschlossen worden.


Beitrag erstellt 10.05.05 / überarbeitet 07.05.18

Quellen:

Othmar Birkner / Hanspeter Rebsamen, Inventar der neueren Schweizer Architektur 1850-1920 - Basel, von der Christoph Merian Stiftung ermöglichter Seperatdruck aus Band 2 der Gesamtreihe, herausgegeben von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Zürich, 1986, Seite 209 (Schneidergasse 11)

Arthur Burger, Brunnengeschichte der Stadt Basel, herausgegeben vom Verkehrsverein Basel, Basel, 1970, Seite 7 (zum St.Georgsbrunnen)

Louis Charon, Die Weinschenken und Pintenwirtschaften im alten Basel, Separatabdruck aus der Schweizerischen Wirte-Zeitung 1935 / Nr. 8-14, Buchdruckerei Gutenberg AG, Zürich, 1935, Seite 15 und 16 (zum Gifthüttli)

Albert Gessler, Ernst Thomas Markees, Adolf Vischer van Gaasbeek, Das künstlerische Leben in Basel, publiziert im Basler Jahrbuch 1914, Verlag von Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1913, Seite 393 (zum Gifthüttli)

Eugen Anton Meier, Basel Einst und Jetzt, 3. Auflage, Buchverlag Basler Zeitung, Basel, 1995, ISBN 3-85815-266-3, Seite 210

Martin Möhle, Kunstdenkmäler des Kantons Basel Stadt, Band 8, (Altstadt Grossbasel II), herausgegeben von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern, 2016, ISBN 978-3-03797-236-6 / ISSN 2235-0632,, Seite 224 (Schneidergasse 11, Zum Gifthüttli)

Rose Marie Schulz-Rehberg, Architekten des Fin de Siècle - Bauen in Basel um 1900, Christoph Merian Verlag, Basel, 2012, ISBN 978-3-85616-527-7, Seite 151 (Schneidergasse 11)

Albert Spycher, Der Basler Lällekönig, seine Nachbarn, Freunde und Verwandten, 166. Neujahrsblatt der GGG, Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1987, ISBN 3 7190 0985 1, Seite 62 (zum Lällekönig am Gifthüttli)

engel

zurück zu fragen & antworten | zum schlagwortkatalog