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3. August 1833 - 07.30 Uhr bis 09.30 Uhr

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Patrouille von Galgenhügel nach St.Jakob

Zur selben Zeit in der sich die Hauptmacht der Basler Truppen an Muttenz vorbei dem Wartenberg näherte, hatte sich auf dem Galgenhügel im Gellert ein Geschütz mit einem Detachement Infanterie der Landwehr eingerichtet. Es sollte den Eingang zum Birseck zu überwachen, damit von dort keine Verstärkung in den Rücken von Vischers Truppen gelangen konnte. Die Landwehr musste in der Nähe der Stadt bleiben um sie bei Gefahr schützen zu können. So wurden ihre vier Geschütze entlang der Birs verteilt, um danach abzuwarten.

galgenhuegel

Die Galgenhügelpromenade an jener Stelle wo sie eine Brücke der Gellertstrasse überspannt. Hier stand einst der Galgen und auf dieser Anhöhe ging am 3. August ein Vierpfündergeschütz mit Infanterie in Position. Auch Wachtmeister Hauser stand hier einige Zeit mit sechs Mann in Bereitschaft.

Während eine der zweispännigen Vierpfünderkanonen auf dem Galgenhügel in Stellung ging wurden zwei andere über die Birs zum Schänzli bei St.Jakob befohlen. Dort sollten sie die Verbindungsstrasse zur Hard beobachten. Das vierte Geschütz wurde wiederum zur Münchensteinerbrücke die nach St.Jakob führte geschickt. Die Kanone auf dem Galgenhügel war zu ihrem Schutz mit einer Unterstützung aus Landwehrinfanterie unter einem Hauptmann versehen worden. Zu ihr stiessen Wachtmeister Rudolf Hauser mit sechs Mann der Basler Scharfschützen.

Über dem Galgenhügel hing eine Aura des Unheimlichen. Elf Jahren zuvor stand hier noch der Galgen. Der Hügel bot eine gute Aussicht, weshalb man hier seit Menschengedenken Verurteilte hängte. Ihre Leichen konnten weit herum gesehen werden und sollten abschrecken. Der Galgenhügel war eine gute Position für die Artillerie. Dennoch war ein Unbehagen in der Luft, denn lange mied man den Ort an dem bis 1822 der Galgen gestanden hatte. Man sagte der Platz sei verflucht. Die Soldaten begannen sich jedoch nicht zu fürchten sondern vielmehr zu langweilen.

Zur Überwachung zogen während der ganzen Zeit Patrouillen der Landwehr durch das Umfeld des Galgenhügels, und auch Rudolf Hauser entschloss sich schliesslich, einen Streifzug zu unternehmen. Allerdings war die Aufklärung hier weniger der Hauptgrund des Patrouillenganges. Zusammen mit den Scharfschützen Balthasar Fischer und dem Schützenmeister Benedikt Sarasin begab sich Wachtmeister Hauser eigentlich nur auf diesen Ausflug um sich beim etwa zwanzig Gehminuten entfernten Wirtshaus bei St.Jakob eine Erfrischung zu genehmigen.

Schüsse am Wartenberg

Auf der staubigen Landstrasse nach Pratteln rückten die Basler vor bis dahin wo der Weg dem Wartenberg am nähesten kam. Dort fielen gegen 07.30 Uhr plötzlich Schüsse. Sie verwundeten einen Jäger der Miliz und töteten einen Standessoldaten. Sofort eilte die zweite Jägerkompanie der Miliz unter Hauptmann Johannes DeBary verstärkend zur Vorhut. Am Schauplatz angekommen, schlug ihr aus dem Unterholz des Wartenbergs Gewehrfeuer entgegen. Leutnant Christoph Buxtorf von der ersten Jägerkompanie der Miliz und zwei Soldaten wurden getroffen.

Am Hang des Wartenbergs und im Unterholz an dessen Fuss lagen Hauptmann Mesmers Schützen. Durch das Blattwerk sahen sie die Basler auf der Strasse nach Pratteln heranziehen. Alleine stellten sie sich dem Vormarsch der Basler Hauptmacht; belegten sie mit gezieltem Feuer aus ihren Stutzern. Die Plänkler der Basler Vorhut verteilten sich auf dem Feld und erwiderten das Feuer. Jetzt war der Moment wo man die eigenen Scharfschützen vermisste, die mit ihren präzisen Waffen dem Gegner Paroli boten - sie waren der Landwehr ins Ruchfeld gefolgt.

Mesmers Schützen setzten Vischers Truppen zu und verursachten eine erste Krise. Die zivilen Sanitäter brachten die verwundeten Basler an den Waldrand der Hard jenseits der Strasse ausser Schussweite. Während die Ärzte begannen die Verletzten zu versorgen stach etwas aus der Distanz ins Auge - auf der Strasse war die ganze Hauptmacht aufmarschiert. Doch es fehlten die Verwundetenwagen am Ende der Kolonne! Sie waren im Nebel ebenfalls ins Ruchfeld gefahren. Rasch verbreitete sich diese Neuigkeit unter der Miliz und entfachte Unruhe.

wartenberg

Die Breitestrasse in Muttenz am Fuss des Wartenbergs. Am waldigen Hang rechts gingen die Scharfschützen von Hauptmann Mesmer in Stellung, um aus guter Deckung durch Wald und Unterholz die vorbeiziehenden Basler auf der weiter nördlich verlaufenden Prattelerstrasse unter Feuer zu nehmen.

Beim Roten Haus am Rheinufer

Die Schüsse vom Wartenbergs gegen die Basler waren beim Roten Haus gut zu hören, und die Schreie der Verwundeten vernahm Gastwirt Remigius Merian mit Schaudern. Er ging in den ersten Stock seines Hauses um besser zu sehen was geschah. Dann suchte er Stärkung im Gebet. Unerwartet kam eine Chaise beim Wirtshaus an und Remigius stieg mit einem Unbehagen im Bauch die Treppe hinab. Besuch zu dieser Stunde konnte alles bedeuten. Vor dem Haus sah er, dass der Passagier Zivilist war, von dem annahm er sei ein Aargauer oder Zürcher Offizier.

Der Fahrgast gab sich als Abgesandter zu erkennen, welcher die Vorgänge im Kanton beobachten wollte. Während Remigius mit dem geheimnisvollen Fremden über die unruhigen Geschehnisse des Morgens sprach, fuhr eine dreispännige Kutsche vorbei. Der Zivilist merkte an, dass in dieser Kutsche der frühere Berner Schultheiss Emanuel Friedrich von Fischer sässe. In der Tat bereiste der Patrizier mit Frau und Schwester auf dem Weg zur Kur in Ems den unruhigen Kanton im schlechtesten Moment. Schliesslich fuhr auch der Zivilist weiter.

Nach rund 45 Minuten kehrte die Chaise zurück. Der Zivilist berichtete Merian detailliert von den militärischen Vorgängen bevor er weiterfuhr. Wenige Minuten nachdem die Chaise weg war trat das Leid des Krieges vor des Gastwirts Augen. Vier Basler Soldaten brachten den beim Gefecht am Wartenberg angeschossenen Füsilier Paul Nörbel. Der Gastwirt liess ihm frisches Zuckerwasser reichen und bereitete zu seinem Weitertransport ein kleines Fuhrwerk das mit Stroh ausgelegt wurde. Remigius ahnte, dass mehr Verwundete kommen werden.

Meuterei bei den Basler Truppen

Als die Soldaten der Miliz merkten, dass keine Wagen da waren um die Verwundeten zu transportieren, weigerten sie sich weiter nach Pratteln zu marschieren. Oberst Vischer hatte es mit einer Meuterei zu tun, während die Plänkler noch immer mit den Baselbieter Schützen am Wartenberg kämpften. Das Gefecht dehnte sich entlang des Höhenzugs bei der Lachmatt aus. Die Basler Artillerie protzte zwei Haubitzen ab um mit Kartätschen in den Wald zu feuern. Sie trafen niemanden, aber Mesmers Schützen zogen sich vor ihrer Feuerkraft zurück.

Zum Schutz des Verbandsplatzes wurde ein Zug Infanterie abgestellt. Die meisten Soldaten warteten in sicherer Entfernung zur ausklingenden Schiesserei und konnten nicht weiterziehen bevor Verwundetenwagen da waren. Ein Wachtmeister mit sechs Jägern ging zum nahen Lachmatthof um einen Wagen zu requirieren. Der Bauer ahnte, dass alles was er gab verloren sei und verweigerte die Herausgabe. Als man drohte ihn zu erschiessen gab er seinen Wagen mit einem Pferd und einem Rind als Zugtiere. Nun konnten die Verwundeten aufgeladen werden.

Therwil greift zu den Waffen

Auf dem Witterswiler Feld bei Therwil war kurz nach 08.00 Uhr Josef Gutzwiller damit beschäftigt Gerste zu schneiden. Der 24jährige war zwar der Schneider im Dorf, konnte aber davon alleine nicht leben und verdiente daher als Bauer ein Zubrot. Der Junggeselle war wie die meisten Männer aus Therwil kein Freund der Stadt und bereit für ein unabhängiges Baselbiet zu kämpfen. Als er auf dem Feld arbeitete fiel ihm ein Reiter auf, der eilig den Mattenweg hinauf preschte. Josef kannte den Reiter; stammte dieser doch aus derselben Therwiler Familie wie er.

Der gehetzte Mann war Franz Josef Gutzwiller - ein Anhänger der Stadt; "Aristokraten" nannte man sie, auch wenn sie aus selber Familie waren und keinen Tropfen blaues Blut hatten. Die Gutzwiller waren in Therwil schon seit dem 16. Jahrhundert heimisch und eines der grössten Geschlechter. Josef ahnte was hinter des Cousins Eile steckte. Er stieg auf einen Baum und sah dass der Reiter Richtung Bättwil galoppierte. Vermutlich waren die Basler ausgerückt und der Aristokrat machte sich davon. Wenig später hörte man das Sturmgeläut von St.Stefan.

Alle eilten von den Feldern ins Dorf. Nun galt es ernst. Josef holte daheim Muskete, Munitionstasche und Bandolier mit Säbel und Bajonett. Zusammen mit seinem Bruder eilte er auf den Sammlungsplatz an der Baslerstrasse vor dem Dorf. Eine halbe Hundertschaft kam zusammen. Es wurde wurde Munition ausgegeben und der Befehl, sich sofort auf den Geispel bei Muttenz zu begeben. Das Kommando übernahm Major Martin Stephan Gschwind. Dieser war mit seinen 27 Jahren Veteran; ein früherer Offizier eines Schweizerregiments in fremden Diensten.

Die Basler Scharfschützen ziehen durch die Hard

Die Basler bei Muttenz hatten einen Offizier losgeschickt, der zurückreiten sollte um Kavallerie, Schützen und Verwundetenwagen zu holen. Bei St.Jakob stiess er auf Wachtmeister Hauser und seine Patrouille, die sich im Gasthaus erfrischen wollten. Daraus wurde nichts. Die Schützen sollten sich sammeln und zur Hauptmacht stossen. Major Ryhiner rief seine Kompanie zusammen um mit ihr zu Vischer bei Muttenz zu ziehen. Zuvor wurde bei St.Jakob ein Fuhrwerk mit Stroh beschlagnahmt um Verwundete transportieren zu können.

st.jakob 1843

Die alten Siechenhäuser das Kirchlein und das Gasthaus zu St.Jakob um 1843. Hier traf Rittmeister Forcart, von Vischers Truppen losgeschickt um Kavallerie, Schützen und Fuhrwerke nachzuholen, auf die Patrouille von Wachtmeister Rudolf Hauser die vom Galgenhügel kam um im Gastshaus einzukehren.

Das Fuhrwerk wurde mit einem ebenfalls requirierten Fässchen Wein und Brot beladen. Dann zogen die Scharfschützen mit 39 Mann los. Sie folgten der Waldstrasse durch die Hard Richtung Pratteln. Man hatte sie vor dem gefährlichen Weg über Muttenz am Wartenberg vorbei gewarnt. Der Weg führte zum Roten Haus wo Remigius Merian Wirt war. Obschon Landschäftler Schützen die Hard durchstreiften, erwies sich dieser Weg sicherer als jener am Wartenberg vorbei. Doch genau dort fuhren nun die zu Vischer gerufenen Verwundetenwagen entlang.

Nur wenige Wagen kommen durch

Nachdem Oberst Vischer auf der Lachmatt wertvolle Zeit mit Warten verlor, stiessen schliesslich drei Verwundetenwagen mit einigen Kavalleristen zu seinem Korps. Es war ein Bruchteil der 13 Wagen die am Morgen losfuhren. Wo war der Rest? Als die Kolonne der Fuhrwerke den Engpass zwischen Wartenberg und Hard passierte, fielen unerwartet aus dem bislang ungefährlichen Hardwald Schüsse. Baselbieter Schützen, unter ihnen einige Prattler, griffen von dort aus den rasch nahenden Wagenzug an. Ihre Kugeln töteten die Pferde des vierten Wagens.

Als der getroffene Wagen liegenblieb, wendeten die Fuhrwerke dahinter panisch und preschten zurück zur Stadt. So erreichten nur die ersten drei Wagen Vischers Truppen. Der Kutscher des vierten Wagens geriet in Gefangenschaft der Baselbieter. Er wurde von Niklaus Bielser aus Pratteln umgebracht. Bielsers Kameraden hatten ihm von der Bluttat abgeraten, konnten sie aber nicht verhindern. Mit der Ankunft der Wagen marschierte auch das Korps weiter. Die Kolonne der Basler erreichte die Felder vor Pratteln gegen 09.30 Uhr.



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Beitrag erstellt 05.08.05 / Nachgeführt 31.07.23

Quellen:

August Bernoulli, Basel in den Dreissigerwirren, Band IV - Von der Anerkennung des Kantons Basel-Landschaft bis zur gänzlichen Trennung von 1833, 88. Neujahrsblatt der GGG, Verlag Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1910, Seiten 39 und 40

Martin Birmann, Beitrag "Der 3. August 1833", publiziert im Basler Jahrbuch 1888, herausgegeben von Albert Burckhardt und Rudolf Wackernagel, C.Detloff's Buchhandlung, Basel, 1888, Seiten 92 bis 94

Rudolf Hauser-Oser, Beitrag "Der 3. August 1833 - Aufzeichnungen eines Augenzeugen", publiziert im Basler Jahrbuch 1884, herausgegeben von Albert Burckhardt und Rudolf Wackernagel, C.Detloff's Buchhandlung, Basel, 1884, Seiten 150

Eduard Schweizer, Beitrag "Der Sieg der Schweizerischen Regeneration im Jahr 1833", publiziert in Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde, Band 46, Verlag der Historischen und Antiquarischen Gesellschaft, Basel, 1947, Seiten 106, 117 bis 119 und 125

Fritz Sutter, "Wo nä Stärn stoht uf em Stei" Blätter aus der Prattler Ortsgeschichte, Verlag Prattler Anzeiger, Pratteln, 1992, Seite 31

Gustav Steiner, Beitrag "Bericht eines Therwilers über den 3. August 1833", publiziert im Basler Jahrbuch 1938, herausgegeben von Ernst Jenny und Gustav Steiner, Verlag Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1937, Seiten 145 bis 146, 150 und 155 (zu Erinnerungen des Josef Gutzwiler-Schaub)

Adolf Vischer, Anhang - "Beleg X" (Auszug aus dem Klein-Raths-Protokoll vom 4. August 1833), publiziert in Die Geschichte des dritten August 1833, Verlag Felix Schneider, Basel, 1888, Seite 69 (zum Schusswechsel am Wartenberg)

Fritz Vischer, Beitrag "Erlebnisse von Remigius Merian zum Roten Haus am 3. August 1833", publiziert im Basler Jahrbuch 1905, herausgegeben von Albert Burckhardt-Finsler, Rudolf Wackernagel und Albert Gessler, Verlag Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1904, Seiten 161 bis 163

Karl Weber, Die Revolution im Kanton Basel 1830-1833, Verlag Gebrüder Lüdin, Liestal, 1907, Seite 213 (Zu Hauptmann Mesmers Schützen am Wartenberg)

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